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Channel: Hanna Jordi – Der Hauptstädter
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Verlorene Orte (V): Die Scheibenbrücke

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Im Nordquartier gibt es einen Aberglauben: Wer die Scheibenbrücke überquert, während ein Zug passiert, dem widerfährt Gutes. Schulkinder dürfen auf exzellente Prüfungsnoten hoffen, Verliebte auf ein Anbandeln und Angestellte auf erfolgreiche Lohnverhandlungen. Der Brauch ist nicht zuletzt deshalb erhebend, weil die Zugstrecke, die unter der Scheibenbrücke hindurchführt, eine der meistbefahrenen der Schweiz ist: 900 Züge verkehren hier täglich – und die Chancen stehen entsprechend günstig, dass ein Zug vorbeikommt.

Die Scheibenbrücke ist ein feiner Ort. Oder vielmehr: war ein feiner Ort. Denn in der Nacht auf Sonntag wurde das kurze Brücklein abgerissen. Es hatte altersmässig ausgedient und würde ausserdem im Weg stehen, wenn die viel befahrene Zugstrecke im Rahmen der Entflechtung Wylerfeld bald untertunnelt wird. Sie wird fehlen. Nicht nur, dass sie das Wylergut, den Wylerwald und das Wylerbad mit dem Rest des Nordquartiers verband. Sie bot ausserdem einen guten Ausblick auf die Gleise und die schöne Gewissheit, dass Bern einen jederzeit wegfahren und wieder heimkehren liesse, wenn man es nur wollte.

Nun ist sie also weg, die Brücke. Bleibt nur zu hoffen, dass die neue Brücke, wenn die alte dereinst ersetzt wird, wieder über magische Kräfte verfügt.

Der Beitrag Verlorene Orte (V): Die Scheibenbrücke erschien zuerst auf Der Hauptstädter.


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